Österreichs Studierende sind Gründungsmuffel. Wie sich das ändern kann
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Bis zum Jahr 2030 ein Ökosystem erschaffen, in dem jährlich bis zu 1000 Spin-offs und Start-ups rund um heimische Universitäten und Fachhochschulen entstehen. Mit diesem mehr als ambitionierten Ziel starteten vor drei Jahren die beiden Investorenschwergewichte Hermann Hauser und Herbert Gartner die Initiative Spin-off Austria.
Die beiden bringen Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen, um Unternehmertum als dritte Säule neben Forschung und Lehre im akademischen Österreich zu etablieren.
TTTech Auto und Google
Die Wiener Softwareschmiede TTTech Auto etwa, ein global wichtiger Player für autonomes Fahren, hat Wurzeln an der TU Wien. Mit Google entspringt eines der bekanntesten Unternehmen überhaupt einer Uni, konkret der Stanford University in Kalifornien. Inspiriert von solchen Beispielen findet am 23. November die vierte Spin-off Austria Conference statt, ein kostenloses Online-Event mit mehr als tausend erwarteten Besuchern.
Zum ausgerufenen Ziel der 1.000 Neugründungen fehlt wenig überraschend noch viel, doch der Trend zeigt nach oben. Von 360 Neugründungen im Vorjahr kamen 90 aus dem akademischen Umfeld, das geht aus dem Austrian Startup Monitor 2022 hervor. Verglichen mit den vergangenen Jahren ist das ein deutlicher Anstieg. Von 2018 bis 2021 waren es insgesamt 146.
Problematische Zinsen
Doch die "Zeiten sind schwierig", sagt Hermann Hauser. Die Zinswende habe Risikokapitalgeber von akademischen Spin-offs zurückhaltender werden lassen. Es gebe derzeit weltweit einen deutlichen Risikokapitalrückgang, aber nach jeder Delle gehe es auch wieder bergauf. Weniger problematisch schätzt Werner Wutscher die Situation ein. Er ist Mitinitiator der Konferenz und Gründer der Unternehmensberatung New Venture Scouting: "Spin-offs kommen zumeist aus den Bereichen Technik und Naturwissenschaft, diese Investoren sind geduldig, weil die Produktentwicklungszyklen von Haus aus lange dauern. Die Krise spielt da aktuell keine so große Rolle."
Wutscher verortet die Probleme eher an anderen Stellen: "Wie sehr beteiligen sich Unis, wie sehr fördern sie mögliche Ausgründungen? Mündliche Zusagen gibt es überall, in der Praxis fehlt aber sehr oft das ernsthafte Commitment", sagt Wutscher. "Ausgründungen selbst dauern hier rund ein Jahr, das ist viel zu lang, in anderen Ländern geht das in ein paar Monaten." Außerdem gebe es nach wie vor zu wenig Bewusstsein bei Studentinnen und Studenten, dass ein Unternehmen zu gründen eine realistische Option ist. In all diesen Bereichen warte noch viel Arbeit.
Wesentlich bei akademischen Spin-offs ist, dass die Gründung auf Basis von neuen wissenschaftlichen Verfahren oder der Nutzung von Forschungsergebnissen der Universität beruht. Die Finanzierung erfolgt meist durch die Gründer, öffentliche Förderungen, Risikokapitalgeber oder Banken.
Geistiges Eigentum
Zu lange Prozesse kritisiert auch Hauser. Die Klärung des geistigen Eigentums zwischen Gründern und Universität dürfe nicht Monate oder Jahre dauern wie in Österreich oder Deutschland.
Österreichs Ausgaben für Forschung und Entwicklung belaufen sich heuer auf 15,5 Milliarden Euro. Das sei wichtig und richtig, heißt es bei Spin-off Austria. Doch hier schlummere viel ungenutztes Potenzial. Würden Politik, Unis und Unternehmen mehr zusammenhelfen, ließen sich Forschungsergebnisse leichter in erfolgreiche Geschäftsmodell transformieren, die den Standort stärken. (Andreas Danzer, 21.11.2023)